Der schiffbrüchige Weihnachtsmann


Das Haus, in dem Mareike und Christopher wohnen, liegt ganz weit draußen, direkt am Wald. Ihr Vater ist nämlich der Förster, und er sagt immer, dass er den kürzesten Weg zur Arbeit hat. Im Sommer können Mareike und Christopher toll im Wald spielen, der gleich hinter dem Haus anfängt. Aber jetzt ist Winter, draußen liegt echt ganz viel Schnee, auf den Bäumen, den Wegen und überhaupt überall. Soviel Schnee hat es schon seit vielen Jahren nicht mehr gegeben, länger, als sie zurückdenken können; und dabei ist Mareike schon acht und Christopher immerhin schon elf.

Mareike steht in ihrem Zimmer am Fenster und drückt sich die Nase platt. Heute ist Weihnachten, und draußen ist es schon dunkel. Und heute will sie unbedingt sehen, wenn der Weihnachtsmann kommt.

Der Weihnachtsmann ist auch schon unterwegs zum Forsthaus, das heißt, genaugenommen war er es, denn er hat das gemacht, was man eine perfekte Bruchlandung nennen könnte. Jetzt steht er mit dem kaputten Schlitten auf dem Feld neben der Landstraße, die zum Forsthaus führt, und weiß nicht mehr weiter. Ein paar Autos sind schon vorbeigekommen, aber alle hatten es schrecklich eilig, am Weihnachtstag nach Hause zu kommen, und keiner hat angehalten und gefragt, ob er den Weihnachtsmann irgendwohin mitnehmen soll. Total unglücklich sitzt der Arme jetzt hinten auf dem Schlitten auf den restlichen Geschenken, die nur noch zum Forsthaus gebracht werden müssten, und friert langsam ganz erbärmlich.

Gerade ist wieder ein Auto vorbeigefahren, ohne anzuhalten, und der Weihnachtsmann denkt, dass bald vielleicht gar niemand mehr kommt, da sieht er von weitem zwei helle Scheinwerfer näher kommen. Ein großer Tieflader-LKW ist es, dessen Lichter jetzt den Schlitten anleuchten, und, o Wunder, der LKW bremst und hält direkt neben dem Weihnachtsmann an. Der Fahrer, ein freundlicher rothaariger Mann mit ganz vielen lustigen Sommersprossen, beugt sich aus dem Fenster und fragt: „Na, alter Junge, hast wohl Schiffbruch erlitten?"

„Kann man wohl sagen," seufzt der Weihnachtsmann, „Ich wollte nur noch zum Forsthaus, aber jetzt ist der Schlitten total im Eimer, und ich komme hier nicht mehr weg." „Kein Problem," sagt der Fahrer, „ich habe ja hinten den Kran dran, und die Ladefläche ist auch leer. Ich hab jetzt Feierabend und wollte nur noch nach Hause, da lade ich jetzt schnell deinen Schlitten auf und bringe dich zum Forsthaus. Ist dein Bart eigentlich echt?", erkundigt er sich. Na, da müsstet ihr mal den Weihnachtsmann sehen, jetzt ist er aber beinahe beleidigt. „Was denkst du denn, natürlich ist der echt! Glaubst du etwa, der Weihnachtsmann hat es nötig, sich einen künstlichen Bart umzuhängen? Hier, kannst mal dran ziehen, der sitzt richtig fest!" sagt er ganz empört.

„Bist du nicht eigentlich auch schon etwas zu alt für einen Studenten?" will der LKW-Fahrer jetzt noch wissen. Also, da hört doch jetzt alles auf, was denkt er denn, wen er vor sich hat! Der Weihnachtsmann ist sprachlos, aber der Fahrer lädt gerade seinen Schlitten auf, und da bleibt er auch lieber still. Nach ein paar Minuten haben sie das Forsthaus erreicht, und der Weihnachtsmann klettert auf seinen Schlitten hinten auf dem Tieflader und holt die Geschenke für Christopher und Mareike. Vor lauter Eile merkt er nicht, dass er von Mareike am Fenster beobachtet wird. Schnell lädt er die Geschenke vor dem Haus ab, denn seine Zeit ist bald um. Er geht zurück zum Tieflader und klettert wieder auf den Schlitten. Dort drückt er auf einen Knopf an seinem roten Mantel und sagt laut: „Weihnachtsmann fertig zum beamen!" Plötzlich ist er ganz von einem hellen Licht umgeben, und im nächsten Augenblick ist er mitsamt seinem Schlitten spurlos verschwunden.

Zurück bleiben ein fassungsloser LKW-Fahrer und eine glückliche Mareike, die zu ihrem Bruder ins Zimmer läuft und ruft: „Christopher, der Weihnachtsmann war da! Da draußen hab ich ihn gerade eben gesehen!" Christopher rennt ans Fenster und lacht: „Haha, willst du mir etwa erzählen, der Weihnachtsmann wäre mit einem Tieflader gekommen? Das kannst du vielleicht den Kindern in deiner Klasse erzählen, aber ich bin für solche Märchen schon zu alt!" Draußen lässt der LKW-Fahrer gerade den Motor an und fährt nach Hause, um mit seiner Familie Weihnachten zu feiern.